Samstag, 1. Dezember 2012

wAveDRENALIN

Weiße Schaumkronen, so genannte White Caps oder auch Moutons (franz.: Schäfchen), lassen ein jedes Windsurferherz höher schlagen und Wellen, die wie am Lineal gezogen in die Bucht rollen, und man dabei am besten spiegelglattes Wasser hat (zumindest vor und nach den Wellen), lassen ein jedes Surferherz höher schlagen. Inzwischen kann ich auch letzteres gut nachvollziehen und die Flaute, die hier herrscht, stört mich nicht im Geringsten. Die großen Wellen, die im Moment wieder rein rollen - hm, ich weiß nicht, ob die mich stören. Für mich sind sie an sich zu groß, trotzdem freue ich mich wie ein Honigkuchenpferd, wenn ich sie sehe, vielleicht liegt das auch einfach daran, dass sie meinen Adrenalinspiegel steigen lassen. Nun, heute war es auf jeden Fall so groß. dass kein Schwein, oder eben auch Surfer, in Hookipa draußen war. In Paia Bay war dann eine Hand voll Surfer, für kurze Zeit auch ich. Allerdings nicht besonders lange, denn nachdem ich ein paar Mal nicht schnell genug gepaddelt bin, um die Wellen zu kriegen, hat mir einer der Surfer einen anderen Platz gezeigt, etwas weiter in Lee, wo ich auch die anderen Male häufiger gute Wellen gekriegt habe. "Here are you safe" hat er mir ncoh erklärt, und dass ich dort nicht so schnell auf den Felsen landen würde. Voller Begeisterung fing die kleine Anfängerin auf dem großen Anfängerboard also wieder an zu paddeln, dachte dann nach einigen Versuchen beim Paddeln, oh scheiße, die Welle ist zu groß, versuchte zu Bremsen, wurde aber gepackt, fand sich in der Luft, zwischen Wellenkamm und Wellental wieder, weil die Welle grad am Brechen war, fiel, wurde gewaschen, dachte noch, scheiße, wo ist denn jetzt oben und unten, spürte ein Riff an den Füßen, ein bisschen Schmerzen, fand die Oberfläche und die Luft, schließlich auch das Board, und paddelte was das Zeug hielt, um aus der Brandungszone rauszukommen, den etwas doller schmerzenden Fuß schön in die Luft haltend. ('Tschuldigung wegen des Schlangensatzes.) Ein Blick zurück zeigte ihr, dass die großen Felsen echt schon Nache waren und ein Blick nach vorne, dass dort jede Menge große Wellen kamen, also paddelte sie und paddelte und paddelte. Und bei einer der Wellen, bei der der Fuß dann ins Wasser kam, wurde das Wasser ganz warm - und das konnte nichts Gutes bedeuten. Etwas aus der Brandungszone raus, und einige Verrenkungen später, wusste ich: "Oh, das blutet ja ein bisschen." Und da ich keine guten Sachen über die Kombination aus Pazifik, Maui, Blut und Haien gehört hatte, habe ich mich auf den recht langen Paddelrückweg gemacht, den Fuß immer schön in die Luft haltend (1. als Haiprävention und 2. um die Blutung zu verringern). Leider wurde das Wasser an meinem Fuß bei jeder etwas höheren Welle warm und nach dem etwa 10-minütigen Paddelrückweg hinter einem aus dem Wasser guckenden Riff entlang, habe ich es dann trotz oder dank (ich weiß es nicht genau) Shorebreak schließlich geschafft an Land zu humpeln.
Und nein, mein Fuß sah gar nicht gut aus, mit dem netten bei jedem Hüpfer hin und her baumelndem Hautfetzen und ich war einfach super dankbar, keine graue Finne neben mir im Wasser gesehen zu haben. Aber bei 90% der Hai-Attacken sieht das Opfer den Hai nicht... Nur gut, dass ich mir im Wasser keine zu großen Gedanken darüber gemacht habe.
Nach etwas Erster-Hilfe-Versorgung durch Anwohner, Strandgucker und Surfer (auch der, der mit den sicheren Platz gezeigt hat - ich will nicht wissen, wie ich aussähe und wo ich jetzt wäre (in welchem Krankenhaus), wenn ich an dem schwierigeren, gefährlicheren Platz eine Welle gekriegt hätte...), einem Arztbesuch, bei dem die Ärztin eher planlos wirkte, weswegen ich mich dann entschieden habe, unverrichteter Dinge zu gehen - oder eben zu humpeln - und stattdessen Carines Medizinschrank zu plündern und mich selbst zu versorgen.
An dieser Stelle ein La-Ola-Welle für mein Auto, das zum Glück Automatik-betrieben ist, sodass ich auch ohne Probleme mit dem linken Fuß und nur mit dem linken Fuß fahren konnte. Allerdings muss ich nachher mal das Lenkrad untersuchen, nicht dass das jetzt Dellen hat, weil ich zu doll zugedrückt habe...
Zu Hause habe ich dann mittels Pinzette, Nadel und Nagelschere einige Steinchen und Sandkörner und den nicht sehr appetitlich aussehenden Hautfetzen entfernt, Desinfektionszeug rein und draufgemacht, schließlich noch ein Riesenpflaster draufgeklebt, ein Wattepad drunter, und nun liege ich hier in der Hängematte, den Fuß etwas hochgelegt und habe ganz ganz ganz viel Zeit, euch alles schön appetitlich und bildlich zu beschreiben, da ich nun mal wieder mit dem Wassersport - und wahrscheinlich erst mal auch mit dem meisten anderen Sport - aussetzen muss. Für die, die nun die Fakten wissen wollen, der Schnitt ist keine 5cm lang und ich glaube eigentlich auch nicht wirklich tiefer als einen halben cm...
Mal schauen, wie ich diemal die Zeit totschlage, und ich hoffe, ich kann spätestens wieder aufs Wasser, wenn der Wind wiederkommt - dann lasse ich meinem Körper aber sehr wahrscheinlich mindestens die eine Woche Regenarationszeit, die mir als Minimum der Wasserabszenz vorausgesagt wurde, denn die Windvorhersage sieht im Moment (vielleicht zum Glück, denn sonst könnte es sein, dass mich jemand demnächst in Deutschland am Flughafen abholen muss, eingepackt in einen weißen Anzug un dmit einem netten Schild um den Hals: "Wegen Windsurfverbot aufgrund der zu großen Haianlockung und damit einhergehender Gefährdung der anderen Windsurfer, Surfer und Badegäste während alle drei zum Windsurfen notwendigen Komponenten vorhanden waren (Wind, Wasser, Material) leider durchgedreht und nicht mehr zum Arbeiten auf Maui fähig.") eher nach Flaute aus (ja, hier geht der Satz nach dem Wort "Moment" weiter).
Ich leg also die Füße hoch und werde eine Kokosnuss schlürfend auf Wind warten - leider wird das nicht so cool ablaufen, da es mich jetzt schon in den Armen kribbelt (die wollen ein Segel halten oder eben paddeln) und ich gar nicht wissen will, wie doll es weh tun würde, die Kokosnuss zu öffnen - denn dafür müsste ich definitv meinen Pflasterfuß belasten.
In dem Sinne, beste Grüße von Maui.

1 Kommentar:

  1. Oh mein Gott! Oh my god!! Mama Mia!!! Quelle catastrophe!!!! Oder so ähnlich! Manchmal ist das ganz gut, wenn man als Eltern zu weit weg ist, um die rücksichtslose Selbstverstümmelung des mühsam aufgezogenen Nachwuchses nicht ganz so hautnah miterleben zu müssen!
    In dem Sinne: lass wieder gut zusammennähen - meist heilt dann ein solcher Schnitt schneller, als wenn das die Natur alleine machen soll und gute Gesundung mit Kokosnuss in der Hand und Blick auf den Pazifik! Gute Besserung von uns allen! Rolf

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