Mit guter Musik in den
Ohren, dem Bild des Horizonts und perfekter Wellen im Kopf und dem Gefühl der
Energie der Wellen im Herzen sitze ich bibbernd am Flughafen in LA und warte
auf meinen Anschlussflug.
Obwohl mich der Trip zum
Haleakala hoch auf kältere Temperaturen hätte vorbereiten sollen – es waren
gerade mal 1°C – scheint das nicht wirklich funktioniert zu haben: Während ich
mich vierlagig in Pullis und Jacken gewickelt habe und trotz warmem Tee noch
friere, scheinen die anderen Leute hier all ihre Gefühlsnerven, die das Signal
„Achtung Kälte“ an den Kopf senden und einen dazu veranlassen sich wärmer
anzuziehen, ausgeschaltet oder verloren zu haben: Die meisten laufen in
T-Shirts und einige sogar in Shorts rum!
Vielleicht hat dieser
„Vorbereitungstrip“ nichts gebracht, weil ich am Abend mit ein paar Freunden
gemütlich bei geschätzten 25°C und Windstille auf der Terasse gesessen haben.
Oder weil wir am nächsten Morgen um halb 6 aufgestanden sind und kurz nach
Sonnenaufgang in einem atemberaubenden Licht die menschenleeren Wellen von
Tavaresse Bay in Shorts und Neoprenlycra gesurft sind. Eine perfekte
Abschlusssession!
Noch jetzt spüre ich den
Flow der Welle in mir und muss die ganze Zeit grinsen, wenn ich daran denke.
Die Wochen vorher war stets
so viel Wind gewesen, dass das Surfen definitiv keinen Spaß mehr gemacht hat –
das Windsurfen war dafür umso besser, insbesondere als die Wellen dann auch
wieder kamen.
Ein einzigartiges Erlebnis
hatte ich in Kanaha, wo ich meinen Spielplatz mit dem Spielplatz der Wale
teilen durfte. Keine 50 Meter von mir entfernt haben zwei bis drei Wale ihre
Kunststücke vollführt. Als ein weiterer Windsurfer das Schauspiel entdeckte und
heran kam, dachte sich wohl ein Wal, er wolle den neuen Spielgefährten willkommen
heißen und hat seine riesige Schwanzflosse keine fünf Meter vor ihm, auf das
Wasser gehauen. Das hat den, sich fröhlich im Gleiten befindenden Windsurfer,
dann aber eher mit einem schönen Schleudersturz vom Brett gehauen, anstatt ihn
ebenfalls zum Springen und ausgelassenen Spielen anzuregen. Danach sah man ihn
zusammengekauert auf seinem Brett hocken – für die nächsten Minuten traute er
sich nicht mehr sich zu rühren.
Bei
großen Wellen fühlte ich mich in Kanaha inzwischen wie zu Hause. Als dann mal
einen Tag keine Wellen waren, dachte ich mir, in Hookipa sähe es doch gar nicht
so schlecht aus. Mit einem 3.4 Goya Guru und meinem 63l Board hatte ich anfangs
meine Probleme, da der Wind am Strand deutlich stärker gewirkt hatte als er
dann auf dem Wasser tatsächlich war. Schließlich hat der Wind aber noch einmal
zugenommen, ich habe den Trimm meines Segels etwas verändert und versucht, den
Wellen nicht mehr auszuweichen, sondern sie zu nehmen. Das erste, was ich
feststellen musste, war, dass die Wellen in Hookipa deutlich schneller sind,
als diejenigen in Kanaha. Die ersten Wellen, bei denen ich dachte, ich sei in
einer guten Position, sind einfach unter mir durchgerutscht. Beim Rausfahren
musste ich dann lernen, dass diese Welle auch deutlich energievoller ist:
Weißwasser von einer Höhe, dass ich in Kanaha ohne Probleme im Stehen
überwunden hätte, hat mich dort, während ich fast im Gleiten war, zerlegt, mich
mein Board schmerzhaft küssen lassen und mich bis kurz vor die Felsen
gewaschen. Schließlich habe ich es zwischen zwei Wellen aber zurück auf mein
Brett geschafft und auch einige Wellen geritten – definitiv ein guter Abschluss
für meine erste richtige Windsurfsession in Hookipa.
Je
nach Bedingungen werde ich dort wohl auch noch mal hin, allerdings ist es deutlich
anstrengender und das Verletzungs- und Zerstörungsrisiko größer, sodass Kanaha
wohl zum Üben und einfach „Fun“ haben die bessere Wahl bleibt.
Wobei es anscheinend nicht
immer um das Zerstörungsrisiko geht:
Am nächsten Tag in Kanaha habe ich dann bei einem Waschgang, als ich beim
Abreiten einen Cutback ins Weißwasser gemacht habe und leider im Weißwasser
versunken bin, mein Segel eingerissen. Auch dort kann man also Material
zerstören – ich hatte aber definitiv meinen Spaß gehabt, es war es also wert.
Mit Carine und ein paar
anderen zusammen habe ich einen Bootstrip auf einem wunderschönen alten
Segelboot mitgemacht. Durch die Aktionen der ganzen „Butterfly-Effect-Crew“ hat
es dann auch nicht weiter gestört, dass wir nicht so viele Wale zu Gesicht bekommen
haben. Mit dem ganzen Spielzeug – Windsurfer und Surfer scheinen nicht ohne ins
Wasser zu können – hatten wir auf jeden Fall unseren Spaß.
Noch wirkt der ganze
Rückflug recht irreal, eher wie in einem Traum. Ich kann mir gerade in keinster
Weise vorstellen in das kalte Deutschland ohne Meer direkt vor der Haustür,
ohne Maui-Lifestyle und – am härtesten – ohne tägliches Surfen und Windsurfen
zurück zu kehren. Vielleicht sind auch die Wort „zurück zu kehren“ einfach fehl
am Platz. In gewisser Weise ist Maui für mich in dem halben Jahr zu meinem zu
Hause geworden, die wichtigsten Buchten finde ich Schlaf, jeder Ort ist
detailliert und farbenfroh in meinem Kopf, meine Freunde dort fest in meinem
Herzen.
Andererseits freue ich mich
total doll meine Freunde und meine Familie wieder zu sehen und alle Menschen,
die mir wichtig sind. Den nächsten Trip zu planen und zu realisieren, einfach
zu sehen, was kommt. Die Veränderung meines Charakters deutlicher zu erkennen
und zu sehen, ob ich es schaffe, die positive Lebenseinstellung in dem Ausmaß
beizubehalten, etwas vom Maui-Lifestyle nach Deutschland mitzubringen.
Ich bin auf jeden Fall sehr
gespannt, was nun kommt - nachdem ich ohne größere Probleme einen Ersatzflug
für meinen wegen Schneechaos in Frankfurt gestrichenen Flug bekommen habe - und
hoffe mein Windsurfgepäck heile in Frankfurt in die Arme nehmen zu können. Das
Einchecken in Kahului ist zum Glück auch ohne vorherige Anmeldung des
Extragepäcks ohne größere Probleme abgelaufen. Ich hatte super nette Mitarbeiter
von United Airlines, die alles ein- und durchgecheckt haben und gewichtsmäßig
durchaus ein Auge zugedrückt haben – so wie man sich das auf Maui vorstellt!